Der Fußballverband Rheinland hat gestern auf einer kurzerhand einberufenen Video-Schalte mit den neun Kreisvorsitzenden den Beschluss gefasst, den laufenden Spielbetrieb in allen Spielklassen im Herren-, Frauen- und Jugendbereich bis auf Weiteres zu unterbrechen. Der Kreisvorsitzende Hans-Peter Dellwing hat sich im Exklusiv-Interview geäußert. 

11ER: Wie kam es dazu, dass bereits am Dienstagabend der Fußballverband Rheinland die Unterbrechung des laufenden Spielbetriebes beschlossen hat?
Hans-Peter Dellwing: Am gestrigen Tag hat mich Walter Desch (Anm.d.R.: Präsident des Fußballverbandes Rheinland) angerufen und wollte wissen, wie ich als Kreisvorsitzender des Kreises Trier/Saarburg zu einer Unterbrechung des Spielbetriebes stehen würde. Ich nehme an, dass er nicht nur mich angerufen hat, sondern alle acht anderen Kreischefs auch, um sich eine Meinung darüber zu bilden.

11ER: Dabei war diese Video-Schalte ursprünglich erst für den heutigen Mittwoch um 18 Uhr vorgesehen?
Dellwing: Das ist richtig, meines Wissens ist diese auch noch nicht abgesagt worden. Eventuell geht es dort auch um andere Inhalte. Das Präsidium wollte einfach die Meldung vorab an die Öffentlichkeit geben, um Klarheit zu haben.

11ER: Ist die Entscheidung, den Spielbetrieb vorerst auszusetzen, richtig oder hätte es auch Alternativen gegeben?
Dellwing: Ich halte die Entscheidung für richtig, weil sich die Corona-Situation derart verschärft hat, dass man nicht mehr weiterspielen lassen durfte. Die Hygieneauflagen der politischen Gremien haben ja die Rahmenbedingungen unverhältnismäßig verschärft. Das betrifft ja vor allem auch den Jugendbereich. Wenn man Umkleidekabinen nicht nutzen kann und auch das Duschen nur von einer Person zeitgleich erlaubt ist, sind die hygienischen Voraussetzungen katastrophal. Bei schlechten äußeren Bedingungen wie Regen, Wind und niedrigen Temperaturen ist es niemandem zuzumuten, dass er sich im Regen umzieht und kalt sowie durchgeschwitzt 50 Kilometer nach Hause fährt. In der wärmeren Jahreszeit wäre das kein Problem gewesen.

11ER: Haben die Kreisverbände Druck auf den Verband ausgeübt, dass es zu dieser Unterbrechung zwangsläufig kommen musste?
Dellwing: Nein, der Druck hat sich durch die steigenden Coronazahlen aufgebaut. Im Spielkreis Eifel war die zweiwöchige Aussetzung des Spielbetriebes eine Ad-hoc-Entscheidung. Ich habe in den letzten Tagen auch Anrufe von Arbeitgebern bekommen, die darauf gedrängt haben, dass ein Angestellter von deren Firma unter diesen Umständen auf Spieleinsätze verzichten sollte.

11ER: Ist vom Amateurfußball überhaupt ein erhöhtes Risiko ausgegangen, sich vermehrt mit dem Coronavirus anzustecken?
Dellwing: Wie eine Studie belegt, ist es nicht erwiesen, dass vom Fußball ein erhöhtes Infektionsgeschehen ausgeht. Doch noch mal: Die Hygieneauflagen waren und sind unter den aktuellen Bedingungen nicht umsetzbar. Bis heute habe ich auch eine genaue Definition des Begriffs einer Wettkampfsimulation im Training vermisst. Bedeutet das, dass man im Training nicht Elf gegen Elf spielen lassen kann oder bedeutet es vielleicht, dass es ausschließlich kleinere Spielformen sind, die im Training erlaubt sind? Eine Antwort habe ich bis jetzt nicht bekommen von Seiten der Kreisverwaltung oder des Gesundheitsamtes.

11ER: Was bedeutet die Formulierung „bis auf Weiteres“ für Sie?
Dellwing: Wenn der Verband eine Beschränkung auf beispielsweise zwei Spieltage beschlossen hätte und die Verfügungen wären so weiter gelaufen wie bisher, hätten wir wieder neu verhandeln müssen. Wir müssen einfach die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens abwarten. Eine Fortsetzung des Spielbetriebs wird dann mit einer 14-tägigen Vorlaufzeit angekündigt.

11ER: Was hätte eine Fortsetzung unter den aktuellen Vorgaben für die Vereine bedeutet?
Dellwing: Die Tendenz bei den Vereinsvertretern ging ja dahin, dass die Saison mal unterbrochen wird. Auch hätten wir mit der Begrenzung der Zuschauerzahlen noch gut leben können. Doch wenn gar keine mehr zugelassen worden wären, was teilweise ja schon umgesetzt wurde, wäre es für alle schwierig geworden. Die Vereine hätten die Schiedsrichter weiterhin bezahlen müssen, das Hygienekonzept erfordert nicht nur einen erhöhten personellen, sondern auch einen Mehraufwand in finanzieller Hinsicht, und die Stromkosten für Flutlicht sowie die Wasserversorgung in der Umkleidekabine wären weiter gegangen. Der Kostenapparat wäre weiter gelaufen, doch die Einnahmen gleich Null.

11ER: Was denken Sie persönlich, wann es weitergehen könnte?
Dellwing: Wenn sich die Zahlen wieder stark reduzieren sollten, wäre eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes frühestens im Dezember möglich. Doch hinter vorgehaltener Hand gehe ich davon aus, dass in diesem Kalenderjahr nicht mehr gespielt wird.

11ER: Halten Sie es für unausweichlich, den Spielbetrieb doch erst wieder Mitte März beginnen zu lassen?
Dellwing: Wenn wir erst Mitte März wieder beginnen würden, wäre der Terminkalender nicht mehr haltbar. Dann würde es bis Ende Juni gehen vermutlich. Es gibt aber verschiedene Überlegungen.

11ER: Welche Überlegungen meinen Sie?
Dellwing: Wir könnten weitaus früher beginnen, wenn es die Infektionslage bzw. die behördliche Verfügungslage zulassen. Man könnte Mitte Februar auf den Kunstrasenanlagen des Kreises beginnen. Denkbar ist, dass an einem Tag mehrere Spiele an einem Ort stattfinden. Auf Kunstrasenplätzen kann wetterunabhängig gespielt werden.

11ER: Sind auch veränderte Modi denkbar?
Dellwing: Ja, durchaus. Wird es mit dem Terminplan knapp, muss man in unteren Spielklassen über eine verkürzte Rückrunde nachdenken. Auch Aufstiegs- und Abstiegsgruppen wären denkbar. Man sollte auch – und da meine ich sämtliche Fußball- und Regionalverbände – darüber nachdenken, eventuell die Saison im Jahresrhythmus auszuspielen. Das heißt, man könnte im März beginnen und im November die Saison beenden. Eine vierwöchige Sommerpause wäre ausreichend. Da wären die Vereine in großem Maße nicht mehr so von den Wetterbedingungen abhängig.

11ER: Wie geht es jetzt weiter?
Dellwing: Ich werde mich in den nächsten 14 Tagen mit dem Kreisvorstand, Kreissachbearbeiter Bernd Hurth und den Staffelleitern persönlich treffen, um über das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Wir müssen u.a. auch die verschiedenen Tabellensituationen analysieren. Das geschieht auch unter Einbeziehung von Kreisjugendleiter Thomas Marx. (ls)