Die Euphorie in Dortmund ist groß. Vieles erinnert an die Spielzeit 2010/11. Nach acht Spieltagen grüßen die Borussen in der Bundesliga von der Tabellenspitze, während der große Favorit, der FC Bayern München, schon einige Punkte hat liegen lassen. Was vor der Saison unmöglich schien, könnte nun Realität werden – ein spannendes Rennen um die Meisterschaft. Natürlich ist es noch früh in der Saison, doch seit jener Spielzeit, in der man das erste Mal unter Jürgen Klopp Meister wurde, stand man zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht mehr so gut da. Wir werfen einen Blick auf die „neue“ Borussia.

Neuer Trainer – neues Glück

Nach der verkorksten letzten Saison stand in der Sommerpause der große Umbruch an. Mit Lucien Favre konnten die Verantwortlichen um Michael Zorc und Aki Watzke ihre Wunschlösung für die Trainerposition präsentieren. Nachdem das Experiment mit Peter Bosz und Peter Stöger in der vergangenen Spielzeit nicht für die gewünschten Ergebnisse sorgte und der so wichtige Champions League Platz erst mit Ach und Krach am letzten Spieltag gesichert werden konnte, standen mit der Verpflichtung des Schweizer Übungsleiters die Zeichen auf Neuanfang. In der Bundesliga ist Favre ein alter Bekannter. Bereits mit Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach hat er bewiesen, dass er die taktische Finesse besitzt, auch aus einem vermeintlich schwächeren Kader das Beste herauszuholen. Natürlich war die Verpflichtung auch ein Risiko, da der ruhige Schweizer als stur und stoisch gilt, ganz anders, als beispielsweise ein Menschenfänger wie Jürgen Klopp. Doch Favre konnte sein auf defensiver Stabilität ruhendes Konzept schnell implementieren und sorgte somit für einen äußerst erfolgreichen Saisonauftakt. Zwar gehört man in der Champions League nicht zu den Top-Favoriten, aber auch hier ist der Start in die Gruppenphase geglückt und ein Überwintern auf europäischer Ebene scheint absolut möglich.

Die Defensive wurde stabilisiert

In der vergangenen Saison war vor allem die anfällige Defensive eines der Hauptprobleme der Borussia. In seiner zweiten Saison ohne Mats Hummels offenbarten sich die Schwächen im Aufbauspiel des Innenverteidigers Sokratis in eklatanter Weise. Auch Marc Bartra und Ömer Toprak konnten hier nicht wirklich Akzente setzen, sodass die Mannschaft bei stark pressenden Gegnern schnell unter Druck geriet. Zwar verpflichtete man bereits in der Winterpause mit Manuel Akanji eine neue Lösung für die Innenverteidiger Position, allerdings war es für den Schweizer schwierig in der verunsicherten Truppe direkt für positive Ergebnisse zu sorgen. Mit der Diallo-Verpflichtung vom FSV Mainz in der Sommerpause wurde Abhilfe geschaffen. So besteht das neue Stamm-Innenverteidigerduo unter Favre nun aus Akanji und Diallo. Beide Spieler bestechen nicht nur durch effektive Defensive, sondern auch durch ihr starkes Aufbauspiel. Ein Punkt, der den Borussen in der vergangenen Saison auf jeden Fall gefehlt hat.

Neue Schaltzentrale sorgt für Ruhe und Kreativität

Auch im defensiven Mittelfeld, der Schaltzentrale einer modernen Mannschaft, gab es eine Runderneuerung. Da in der Vorsaison Castro und Sahin oftmals überfordert wirkten und Julian Weigl aufgrund verschiedener Verletzungen nie wirklich die Rolle einnehmen konnte, die er noch unter Thomas Tuchel ausfüllte, mussten die Verantwortlichen auch hier handeln. Mit Thomas Delaney und Axel Witsel wurden zwei Neuzugänge verpflichtet, die sofort einschlugen und für Übersicht und Ruhe im Mittelfeld sorgen. So finden die beiden auch bei tiefstehenden Mannschaften immer wieder eine Lösung, wie sie die pfeilschnellen und technisch versierten Offensivkräfte in Szene setzen können. Kein Wunder, dass dem BVB nach den überzeugenden Auftritten immer größere Chancen auf die Meisterschaft eingeräumt werden. Zurzeit listet Betway die Borussen mit einer Quote von 4,00 auf den Meistertitel (Stand 21.10.) Insbesondere Witsel fügte sich schnell ein und hat sich, obwohl er erst spät zur Mannschaft stoß, direkt unentbehrlich gemacht. Bei vielen Experten gilt der Belgier als der Königstransfer des Sommers.

Bärenstarke Offensive funktioniert blendend

Der überraschendste Aspekt der neuen Saison ist aber die herausragende Offensive der Borussia. Mit einem Trainer wie Favre konnte man nicht unbedingt davon ausgehen, dass es regelmäßig Torfestivals in Dortmund zu sehen gibt, allerdings haben ersten Spiele das Gegenteil bewiesen. Die Offensive um Kapitän Marco Reus läuft hervorragend. Bereits am ersten Spieltag wurden RB Leipzig vier Tore eingeschenkt und Aufsteiger Nürnberg wurde regelrecht aus dem Stadion geschossen. Einen großen Anteil an der Offensivstärke hat auch der neue Stürmer Paco Alcacer, der dank seiner herausragenden Leistungen für den BVB auch wieder für die spanische Nationalmannschaft nominiert wurde.

Ganz gleich, ob Abwehr, Mittelfeld oder Angriff, derzeit läuft es einfach beim BVB. Falls der FCB weiter schwächeln sollte und die Borussen ihre Form halten, könnte es am Ende der Saison eine faustdicke Überraschung geben. Fans des BVB und neutralen Beobachtern dürfte das sehr gut schmecken!