Deutschlandweit überschlagen sich die Zahlen der Corona-Neuinfektionen seit Tagen und auch in Rheinland-Pfalz wurde die Warnstufe in einem Großteil der Kreise auf Rot erhöht. Und der Fußball? Der läuft normal weiter – zumindest mancherorts, denn eine einheitliche Regelung fehlt und verwirrt Zuschauer, Spieler und Vereine gleichermaßen.

In gewisser Weise erinnert der aktuelle Spieltag an den Auftakt der abgebrochenen Vorsaison. Nach der Erhöhung der Corona-Warnstufe im Kreis Trier-Saarburg fielen einige Spiele aus – meist jedoch auf Initiative vereinzelter Vereine, Empfehlungen der Regionalpolitik oder wegen des Verdachts auf Corona-Fälle innerhalb einer Mannschaft. Auf anderen Sportplätzen versammelten sich in den letzten Wochen Zuschauer, da die Maßnahmen im Kreis Trier-Saarburg erst ab Montag gelten.

Übergeordnete Empfehlungen, wie mit diesen Situationen umgegangen werden muss, gibt es auf erhöhter Verbandsebene nur bedingt. Der Fußballverband Rheinland teilte kürzlich in einer Pressemitteilung (22.10.) mit, den Spielbetrieb aufrechterhalten zu wollen – „Es gilt der Grundsatz, dass da, wo es möglich ist, auch gespielt wird“. Und weiter: „Die unterschiedlichen Verfügungen in den Kreisen bedingen kein flächendeckendes Aussetzen des Spielbetriebs. Auch die Regelungen von Zuschauerzahlen fallen ausschließlich in die Verantwortung politischer Gremien.“

Die Verantwortung wird damit auf die Vereine abgewälzt, die ohnehin schon Probleme haben, das bestehende Hygienekonzept umzusetzen. Statt einer einheitlichen Regelung der einzelnen Fußballkreise sollen nun Beschlüsse der Politik für Klarheit sorgen, die sich nicht spezifisch auf den Fußball beziehen, sondern allgemein auf Freiluftsportarten.

Das neueste Beispiel: Laut der Allgemeinverfügung des Landkreises Trier-Saarburg und der Stadt Trier vom 23.10. sind Wettkämpfe bei Zuschauerausschluss weiterhin erlaubt, Wettkampfsimulationen jedoch nicht zulässig. Duschen und nicht räumlich getrennte Umkleiden dürfen nur von einer Person zeitgleich genutzt werden. Diese Verfügung gilt bis einschließlich 30.11.2020.

Auswirkungen auf den regionalen Fußball

Die Auswirkungen auf den Spielbetrieb sind an diesem Spieltag vor allem in den beiden B-Klassen Mosel/Hochwald und Trier/Saar zu spüren:

In der B-Trier/Saar führte die Allgemeinverfügung zur Spielabsage zwischen dem VfL Trier und der SG Obermosel Nittel, wie VfL-Coach Bilal Boussi erklärt: „Es ist nicht zumutbar, dass Spieler bei diesem Wetter nur einzeln in die Kabine oder Dusche können. Gerade für Nittel, die eine halbe Stunde zu uns fahren und dann nach dem Spiel nass geschwitzt wieder eine halbe Stunde zurück müssen. Die Nitteler haben deshalb angefragt, ob wir das Spiel verlegen können und wir haben stattgegeben.“
Die Spielverlegung führt zu weiteren Problemen. „Wir müssen das Spiel innerhalb einer Frist nachholen, aber am 05.11. wird die Situation auch nicht anders sein. Der Verband sagt, wir können spielen, aber die Stadt macht andere Regeln. Wir können ja jetzt eh nicht mehr richtig mit Zweikämpfen trainieren. Es fehlt einfach eine einheitliche Regelung für alle Vereine“, erklärt Boussi.

Das zeigt sich schon innerhalb Triers: Während der VfL sein Spiel auf Anfrage des Gegners absagt, finden die Spiele des SV Trier-Irsch und der DJK St. Matthias in der gleichen Klasse unter Zuschauerausschluss wie gewohnt statt. Auch in der B-Mo/Ho sind die Vereine auf sich gestellt. So wurden die Heimspiele der DJK Pluwig-Gusterath an diesem Wochenende abgesagt, da der Sportplatz auf Empfehlung der Verbandsgemeinde Ruwer gesperrt ist. Das Nachholspiel ist ebenfalls für den 05.11. angesetzt.

An diesem Datum könnte auch das Spiel zwischen der SG Wiltingen und der SSG Mariahof stattfinden. Die Partie, die für den 24.10. angesetzt war, musste laut Wiltingens Trainer Tim Meurer abgesagt werden: „Einer unserer Spieler hatte Kontakt mit einem Corona-Infizierten, wurde aber erst am Freitag vom Gesundheitsamt informiert. Donnerstag hatten wir noch Training und haben deshalb das Spiel gegen Mariahof abgesagt. Unser Spieler darf erst am Dienstag einen Test machen, da hoffen natürlich alle, dass der Test negativ ausfällt. Ich bin aber ganz ehrlich kein Freund davon, dann donnerstags schon wieder zu spielen.“

Schöndorf sagt Spiele ab – und verliert

Der Fall Wiltingen-Mariahof zeigt, wie groß der Zwiespalt zwischen Sport und Privatleben sein kann. In den regionalen Ligen wird der Fußball als Hobby gelebt und ist gerade in Corona-Zeiten für viele Menschen eine soziale Anlaufstelle. Auf der Gegenseite wächst das Risiko: Infiziert sich ein Mitspieler, verhindert die angeordnete Quarantäne auch bei allen anderen Spielern den normalen Alltag. Dadurch verzichten viele lieber ganz auf ihr Hobby.

Der Fußballverband Rheinland will Mannschaften in solchen Ernstfällen „zumindest aber die Sorge“ nehmen, bei zweimaligem Nicht-Antritt vom restlichen Spielbetrieb der Saison ausgeschlossen zu werden und setzt diese Regelung aktuell aus.

Eine Lösung bietet das aber nicht, wie man am Beispiel des FC Schöndorf sehen kann. Der FCS sagte an diesem Wochenende seine Spiele aufgrund grundsätzlicher Bedenken ab und verlor die Partien am Grünen Tisch, da die Spiele „behördlich nicht untersagt“ waren (siehe: FV-Rheinland „Umgang mit Spielabsagen bei Covid-19-Verdachtsfällen“). Für Spielertrainer Benjamin Leis stehe der Verein aber zu dieser Entscheidung: „Wir haben eine Team-App, in der jeder Spieler angeben kann, ob er am Wochenende zur Verfügung steht oder nicht. Wenn man keine Zeit hat, muss man einen Grund angeben. Bei mehreren Spielern stand in dieser Woche als Grund Corona. Wir haben uns dann besprochen und sie sagten, dass sie Verwandte mit Vorerkrankungen hätten und ihnen ein Spiel deshalb zu heiß sei. Es ging dabei weniger um die Spieler selbst als um ihre Verwandten. Wir haben uns im Vorstand besprochen und gehen diesen Weg voll mit. Wir müssen es uns jetzt gefallen lassen, dass es von einigen heißt, wir hätten kein Personal gehabt, obwohl uns ab diesem Wochenende wieder deutlich mehr Spieler zur Verfügung gestanden hätten.“

Und die kommenden Spiele? „Wir ziehen unsere Linie jetzt so durch und beißen in den sauren Apfel. Wir hoffen aber, dass wir die Spiele nach hinten verschieben können, bis sich die ganze Situation wieder etwas entspannt hat.“

Weiterspielen bis zum Abbruch?

Auch wenn solche Bedenken und Nicht-Antritte gerechtfertigt sind, stellt sich die Frage nach einer Wettbewerbsverzerrung. Schon allein das gemaßregelte Training könnte Einfluss auf den weiteren Saisonverlauf haben. Damit stellt sich die Frage, ob eine Weiterführung der Saison in der aktuellen Situation überhaupt noch Sinn ergibt oder ob eine geregelte Unterbrechung die beste Alternative darstellt. Fragen, die nicht nur die Politik, sondern vor allem der Fußballverband beantworten muss. Denn fest steht: Ein erneuter Saisonabbruch ist für keine Partei eine befriedigende Lösung.