In der einzig verbliebenen Bezirksliga-Partie am Sonntag gab es eine faustdicke Überraschung: Mit einem 3:1-Auswärtssieg in Zewen gab der SV Zeltingen-Rachtig ein Lebenszeichen im Abstiegskampf von sich und positionierte sich kurz vor Weihnachten erstmals im zweistelligen Punktebereich.

Der damit verbundene dritte Saisonsieg lässt das Team der beiden Spielertrainer Pascal Meschak und Alex Kappes wieder mit Zuversicht in die Winterpause und ins anstehende Frühjahr gehen. Weil es ein Sieg in Unterzahl war – zumindest bis zur Nachspielzeit, in der Zewens Lars Wagner nach allzu eifriger Diskussion mit dem Schiedsrichter über eine Lapalie binnen 20 Sekunden Gelb und anschließend Gelb-Rot bekam – ist der Erfolg des ehemaligen Vorletzten umso höher zu bewerten. Doch man muss auch ganz klar sagen, dass Zewen keineswegs enttäuscht hat und Torchancen für zwei Spiele oder mehr besaß. Trotz einer überlegenen Spielweise, gravierend mehr Ballbesitz und gefühlt 15 hochkarätiger Torchancen, bekam es die Zöllner-Elf nicht auf die Reihe, mehr Kapital daraus zu schlagen. Zumal die SG ZIL ein halbes Dutzend Mal Pfosten oder Latte traf. So konnte Zewens Trainer Patrick Zöllner das gerade Erlebte kaum im Worte kleiden: „Ich kann es noch gar nicht fassen, dass wir das Spiel nicht gewonnen haben. So viele Chancen hatten wir. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, jemals so viele Torchancen nebst Alutreffern auf meinem Zettel notiert zu haben. Es war Wahnsinn. Wir müssen uns natürlich vorwerfen, fahrlässig mit unseren Torchancen umgegangen zu sein. Die Chancenverwertung war heute nicht Bezirksliga-tauglich.“ Auf der anderen Seite freute sich Zeltingens Spielertrainer Pascal Meschak diebisch über drei nicht eingeplante Punkte. „Vor allem, weil wir eine schlechte erste Halbzeit gespielt haben und wir kaum Zugriff hatten. Es war auch alles andere als optimal, als Felix Franzen nach einer Diskussion mit dem Unparteiischen mit Gelb-Rot vom Platz musste und ich dessen Position im Angriff umstellen musste. Doch wir haben es dann gut gemacht, mit viel Leidenschaft gespielt und verteidigt und uns über eine kollektiv starke Leistung den Sieg hier hart erarbeitet.“ Wie Meschak betont, habe man „auch viel Glück gehabt bei den Alutreffern, keine Frage. Doch wir haben auch immer wieder Nadelstiche gesetzt und waren damit brandgefährlich. Es ist sehr wichtig, mit diesem Sieg wieder Anschluss ans untere Mittelfeld gefunden zu haben und die Hoffnungen am Leben sind. Jetzt können wir wieder mit mehr Zuversicht und einem positiven Gefühl in die Winterpause gehen.“

Doch von vorn: Bei leichtem Schneegriesel und Temperaturen unter null Grad Celsius entwickelte sich von Beginn an ein munteres, flottes und auch temporeiches Bezirksligaspiel, das noch keine drei Minuten alt war, als es bereits das erste (am Ende auch das einzige Mal) Mal im Zeltinger Kasten klingelte. Eine scharfe Hereingabe von Dennis Gasteier hatte Fallou Diagne ins Zeltinger Tor befördert – 1:0 (3.). Der Ball soll wohl noch leicht abgefälscht worden sein. Zewen machte weiter Druck und hätte locker zwei Tore nachlegen können, doch die Nerven versagten. So sprintete der in der 90 plus dritten Minute der Nachspielzeit mit Gelb-Rot vom Platz geflogene Lars Wagner auf der linken Seite seinen Gegenspielern auf und davon, doch bei dessen Hereingabe bekam Diagne zu wenig Druck hinter den Ball, sodass SVZR-Keeper Dominik Henchen keine Probleme bekam. Einen Moment später trudelte ein Schuss von Sahel Djedda gegen den linken Pfosten. Zeltingen erholte sich nur zögerlich vom Schock des frühen Rückstandes, doch versuchte mit einem kompakten Mittelfeld die Räume einerseits eng zu machen und andererseits über die Außenpositionen Bälle zu generieren. Mit der zweiten Chance im Spiel egalisierten die Moselaner die Zewener Führung. Was war passiert? Ein Blitzkonter über Meschak und Franzen erreichte Yannik Dietz, der in Gedankenschnelle einen Schritt früher als sein Gegenspieler dran war und die Kugel ins Eck spitzelte – 1:1 (23.). Es war eine wirklich schöne Kombination über vier Stationen. Zewen erholte sich rasch vom Ausgleich und drängte auf das erneute Führungstor. Nach einem Entlastungszug hatte Zeltingens Torwart Henchen bei einem Schuss von Wagner aus eher spitzem Winkel keine Mühe. Mit Fortuna im Bunde waren anschließend die Gäste, als ein Kopfball von Gasteier nach einem Eckball an den Pfosten prallte. Dem zweiten Alutreffer nicht genug, setzte auch Dennis Thon, der im Mittelfeld der Zewener wirbelte und stets den Abschluss suchte, einen Freistoß rechts an der Mauer vorbei an den Pfosten. Zewen drängte weiterhin vehement auf das 2:1, doch ein Dropkick von Djedda nach einem langen Ball von Tim Höfer segelte übers Gebälk. Auch hier fehlten nur wenige Zentimeter. Zeltingen aber blieb wach, fokussiert und gefährlich: Beinahe gelang Dietz, der mit langen Sprints und seinem Torinstinkt überzeugte, das 2:1, als dieser mit einem Tiefenpass von Kappes in Szene gesetzt wurde, doch mit der Fußspitze links neben den Pfosten abschloss.

Kurz vor der Pause musste sich Alexander Hinz im SG-Tor mächtig strecken, als er gleich zwei Schüsse von Sven Pazen parieren musste. „Da hat Alex im Eins-gegen-eins gedankenschnell und großartig reagiert“, erinnerte sich Zöllner. Durch die Ampelkarte gegen Zeltingens Stürmer Franzen, der seinem Gegenspieler ein ums andere mal entwischt war, musste Meschak umstellen. Der Spielertrainer beorderte Florian Blesius an vorderste Front und schuf mit langen Sprints nach vorn selbst Räume zum Nachstoßen. Kein Wunder, dass Meschak selbst zum 2:1 getroffen hatte. Dietz hatte einen Ball elegant auf seinen Spielertrainer abtropfen lassen, Meschak bedankte sich mit einem platzierten Schuss aus 13 Metern zum 2:1 (55.). Zewen antwortete mit wütenden Angriffen: Wagner traf den Außenpfosten, Thon rasierte mit einem 22-Meter-Schuss anschließend die Lattenoberkante. Die vergebenen Chancen rächten sich, denn mit einem weiteren Tempogegenstoß zog Zeltingen den zu lethargisch in der Abwehr agierenden Zewenern den Zahn und legte das 3:1 oben drauf. Ein Flankenball von Dietz wurde länger und länger und weil sich niemand im Zewener Abwehrverbund zuständig fühlte, bedankte sich Meschak mit dem 3:1 auf seine Weise. Der brauchte die Kugel am zweiten Pfosten stehend nur einzuschieben. „Da haben wir uns im kollektiven Tiefschlaf befunden“, ärgerte sich Zöllner im Nachhinein.

Zeltingen blieb brandgefährlich, schwärmte nach Ballgewinnen sofort aus, um weitere Nadelstiche zu setzen. So flatterte ein Drehschuss von Blesius um einen halben Meter knapp am Lattenkreuz vorbei (72.). Es wäre die endgültige Entscheidung gewesen. Zöllner wechselte mit Yannick Andreas weiteres Offensivpersonal ein, doch die Wirkung blieb überschaubar. Ein Hammer aus 18 Metern von Thon klatschte an den linken Pfosten – es war der sechste (!) Alutreffer des Nachmittags – und Max Meyer scheiterte freistehend gleich zweimal ohne Bedrängnis entweder an seinen Nerven oder dem starken Henchen im Tor der Gäste. Einen Wimpernschlag später scheiterte auch Andreas am Zeltinger Schlussmann, der den Ball zur Ecke abwehrte. Zewen hätte wohl noch zwei Stunden spielen können – es wäre ihnen vermutlich kein Tor mehr gelungen. „Wir werden das Spiel und die Fehler, die wir gemacht haben, analysieren, aber dann auch mal mit unserem gesamten Team zur Weihnachtsfeier ein starkes Jahr feiern. Auch das gehört dazu. Nach der Winterpause werden wir uns wieder voll auf unsere Aufgaben fokussieren und versuchen, die Abstände nach unten wieder größer werden zu lassen“, versprach Zewens Coach Patrick Zöllner und blickte bereits auf das anstehende Frühjahr.