Zusammen mit seinem Kollegen Jörg Runde hat Thomas Tamberg ein Buch über den (vermutlichen) Traumberuf Fußballprofi geschrieben. 11ER-Redakteur Stefan Himmer spricht mit Tamberg über Demut, das Verhältnis von Talent und Charakter und über die Extras der WM-Edition.

Wo kann ich das Buch im Bücherladen finden – in der Sport- oder Lebenshilfeabteilung?

Thomas Tamberg: (Lacht) Stimmt, es könnte in beiden Bereichen stehen, aber du findest es natürlich in der Sportabteilung. Es ist kein Ratgeberbuch. Natürlich ist es auch für Eltern interessant, deren Kind mit dem Gedanken spielt, Profi zu werden. Für Kinder und Jugendliche ist es sowieso interessant, weil wir alle Fallen und Widrigkeiten des Berufs aufzählen. Wir glorifizieren den Beruf nicht, wir machen ihn aber auch nicht schlecht. Es ist eine klare Betrachtung des Ganzen.

Für wen ist das Buch nun gedacht?

Thomas Tamberg: Für Jugendliche und Eltern gleichermaßen. Für Kinder, die beispielsweise davon träumen, Fußballprofi zu werden. Aber es gibt natürlich auch ganz viele Eltern, die davon träumen, dass ihr Kind Profi wird. Für die ist es genau so gedacht. Wir haben viele Komplimente von Eltern bekommen, deren Kinder schon in einem Nachwuchsleistungszentrum sind bzw. waren. Die haben uns gesagt, dass es genau so ist, wie es in diesem Buch steht. Es geht immer wieder um die Fragen: Was braucht es, um am Ende ganz oben zu stehen? Was ist dieses gewisse Etwas?

Jetzt sind wir gespannt.

Thomas Tamberg: Wir haben viele Leute, quer durch die Bundesliga, befragt. Psychologen, Trainer, Spieler, Stars und keine Stars. Und immer wieder kam die Aussage: Charakter geht vor Talent. Das haben wir zu 95 Prozent immer wieder bei der Recherche gehört. Bernhard Peters (Direktor Sport beim Hamburger SV, d. Red.) hat uns beispielsweise gesagt, wenn er die Wahl hat, dann wählt er immer den Spieler, der einen besseren Charakter hat. Also wenn du gewisse Dinge nicht hast, kannst du noch so viel Talent haben, du wirst auf der Strecke bleiben.

Welche Dinge wären das zum Beispiel?

Thomas Tamberg: Etwa Leistungsbereitschaft und Demut vor dem eigenen Talent. Dazu gibt es ein wunderschönes Zitat von Thomas Tuchel, der das auf den Punkt bringt: „Es sind vor allem die Charaktereigenschaften, die einen Spieler nach oben bringen. Bescheidenheit, Lernwilligkeit und Demut vor dem eigenen Talent sind zwingend notwendig. Man darf sich nicht auf dem Talent ausruhen (…).“ Und der Nachsatz ist ebenfalls entscheidend: „Es reicht nicht, diese Dinge zu sagen, man muss sie auch leben.“ Das unterstreicht auch Matthias Sammer, der uns gesagt hat, dass vieles bei den jungen Spielern heute schon ausgereift ist. Dennoch hat die Persönlichkeit das meiste Entwicklungspotenzial. Da sieht er in der Zukunft den größten Nachholbedarf. Sharon Paschke und Martin Kordic haben das als erste erkannt und leisten mit ihrer Agentur Kompass Mentoring auf diesem Gebiet wichtige Aufbauarbeit.

Wie lässt sich dann ein Phänomen wie Diego Maradona erklären. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit Demut trainiert hat.

Thomas Tamberg: (Lacht) Demut vielleicht nicht, aber bei ihm kommt diese unbedingte Liebe zum Spiel dazu. Das sagt zum Beispiel auch Mario Götze. Du musst dich jeden Tag aufs Training freuen. In dem Moment, wo du dich einmal nicht mehr aufs Training freust, weil vielleicht das Wetter mies ist, dann ist das schon ein erstes Aha-Erlebnis, ob das auf Dauer etwas ist. Du brauchst natürlich schon so eine gewisse Besessenheit.

Jörg Runde und du habt euch sehr lange mit diesem Thema beschäftigt. Seid ihr nun die perfekten Spielerberater?

Thomas Tamberg: Das würde ich unterschreiben! Aber da fehlt uns noch etwas der juristische Sachverstand. Da gehört noch jede Menge mehr dazu. Wenn ich an dieser Stelle einen Tipp für angehende Profis geben darf: Wir haben im Zuge unserer Recherchen mit Roman Grill, dem Berater von Philipp Lahm, Marcus und Johannes Noack, den Beratern von Lewis Holtby und Helmut Richter tolle Berater kennengelernt, die wirklich am Wohl des Sportlers interessiert sind.

Wie würdest du die Schreibweise des Buchs beschreiben? Ist es ein Protokoll, sind es Geschichten – was erwartet den Leser?

Thomas Tamberg: Wir verpacken es immer in kleine Geschichten. Zum Beispiel [link url=http://www.transfermarkt.de/marcos-alvarez/profil/spieler/47944 text=Marcos Alvarez], ein Profi, der hochtalentiert war und dessen Weg eigentlich vorbestimmt war. Er spielt bei uns eine große Rolle. Bei ihm kam im letzten Moment aber immer etwas dazwischen. Wir lassen ihn beispielsweise drei Seiten lang erzählen, wie sein erstes Training bei Eintracht Frankfurt verlaufen ist. Wie er andere Spieler nass gemacht hat, die Zuschauer ihm applaudiert haben, bis ihn ein Gegenspieler den Knöchel kaputtgetreten hat. Oder wir begleiten Hermann Gerland bei der Arbeit. Es sind immer wieder kleine Anekdoten. Wir lassen vor allem die Leute, die wir interviewt haben sprechen. Die Interviewpartner erklären, wie das ganze Geschäft funktioniert. Das Buch hat daher einen sehr lebendigen Charakter.

Ihr habt euch viel mit aktuellen Profis beschäftigt und auch Ex-Profis befragt. Ist ein Profi nach der aktiven Karriere eigentlich in der Gesellschaft noch überlebensfähig?

Thomas Tamberg: Das ist echt eine gute Frage. Aus dem Buch von Ex-Profi Thorsten Legat habe ich noch eine Passage im Hinterkopf. Wo er sinniert, wie es ihm nach der Karriere ergangen ist. Dass ihm dann plötzlich einiges gefehlt hat. Beispielsweise das Rampenlicht, erst wirst du ohne Ende gehyped und wenn die Karriere vorbei ist, ist es damit auch vorbei. Dann hast du nichts mehr. Das ist nicht so einfach. Während der Karriere stehen viele Profis am Rande eines Burn-Outs. Etwa zehn Prozent der Profis können nach dem Karriereende von den bisherigen Einnahmen weiterleben. Das ist nicht viel. Und etwas anderes zu finden, ist schwer. Die Jobs im Fußball sind begrenzt.

Spielt deswegen die Schulausbildung eine stärkere Rolle?

Thomas Tamberg: Die Vereine legen natürlich heute viel mehr wert auf die schulische Ausbildung. Sie verkaufen es quasi als Plan B, weil es die wenigsten in die Bundesliga schaffen. Schau dir die aktuelle U18-Nationalmannschaft an. Also die Crème de la Crème der Jungnationalspieler, von denen schaffen es im Schnitt nur etwa 55 Prozent in die Bundesliga. Das heißt, dass ein Plan B brutal wichtig ist.

Wie viel Ehrgeiz von Seiten der Eltern ist noch gut für den jungen Spieler?

Thomas Tamberg: Da hat uns Jürgen Gelsdorf, der Jugendkoordinator von Bayer 04 Leverkusen, einen schönen Satz gesagt: „Am ehesten schaffen es die Kinder, deren Eltern eine gewisse Gelassenheit haben.“ Die Kinder haben schon so viel Druck, durch den internen Konkurrenzkampf, weil alle zwei Jahre aussortiert wird. Die brauchen auf keinen Fall noch mehr Druck von den Eltern.

Was steckt in der Weltmeister-Edition des Buchs? Ein Vorwort von Christoph Kramer?

Thomas Tamberg: (Lacht) Nein, der kann sich ja eh an nichts mehr erinnern. Nein, Spaß beiseite. Ich war bei der WM in Brasilien dabei, habe das Vorwort übernommen und ein Weltmeisterkapitel dazugefügt, wie die Jungs Deutschland bei der WM vertreten haben. Es ist deswegen eine spezielle Sicht, die du so nicht überall nachlesen kannst.

Interview: Stefan Himmer

Zwei Bücher zu gewinnen!

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Wer nicht länger warten kann, darf sich das Buch auch gerne hier bestellen: [link url=http://www.amazon.de/Traumberuf-Fu%C3%9Fballprofi-harte-Bolzplatz-Bundesliga/dp/3527508279/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1416385726&sr=8-1&keywords=traumberuf+fussballprofi text=“Traumberuf Fußballprofi – Der harte Weg vom Bolzplatz in die Bundesliga“].