In seinem ersten Buch "Diese verrückten 90 Minuten – Das Fuss-Ball-Buch" lässt Kommentator Wolff-Christoph Fuss den Leser hinter die Kulissen blicken, erzählt von Begegnungen auf und abseits des Platzes sowie Nervenkitzel bei technischen Problemen. Wir haben mit ihm über seine ersten Erfahrungen als Schriftsteller, einen Abend mit einem Schlagerstar und die Kreisliga gesprochen.
Du hast gerade dein erstes Buch „Diese verrückten 90 Minuten“ herausgebracht – wie war die Arbeit als Schriftsteller?
Echt spannend, es war eine Art nachträgliches Tagebuch, eine Art nachträgliches Erinnern. Wobei das Wort Schriftsteller oder Autor im Zusammenhang mit mir immer noch etwas ungewohnt ist. Aber es wird immer besser. (lacht)
Wie ist die Idee entstanden?
Eine Literaturagentur aus Berlin kam vor einem Jahr auf mich zu. Mit der Idee, etwas über meinen Beruf, meinen Werdegang und die Geschichten rund um Spiele, die wir alle gesehen haben, zu schreiben. Ich war nicht begeistert. Denn mir war von vornherein klar, dass ich kein Enthüllungs- oder Skandalbuch schreiben würde, keine Fußballer mit Cousinen in Whirlpoolsituationen entblöße und keine Faustformel für Kantersiege verfasse.
Und welche „Überzeugungsarbeit“ hat die Agentur geleistet? Schließlich schreibst du im Vorwort, dass du das Buch zuerst gar nicht schreiben wolltest.
Sie haben mich davon überzeugt, und das hat lange gedauert, dass es Menschen interessiert, was hinter den Kulissen passiert, außerhalb der 90 Minuten, rund um Übertragungen. In europäischen Städten mit Taxifahrern mit Trainern, Funktionären, Schiedsrichtern, Spielern, Fans etc. Wie es zu bestimmten Kommentaren kam, in Spielen, die alle noch vor Augen haben. Schließlich wollte ich denen beweisen, dass sie Unrecht haben. Insofern machte ich eine fixe Gliederung und habe zwei drei Geschichten angerissen. Aber das Feedback der Verlage war überwältigend. So kam es zu dem Buch.
Ein Buch vollgepackt mit Erinnerungen – wird es davon einen zweiten Teil geben?
Oha. Es bietet sich in der Tat an. Vor ein paar Wochen hatte ich einen unvergessenen Abend mit Semino Rossi, dem Schlagersänger, in einer Bremer Hotelbar. Der hatte vorher 10.000 Menschen in der Bremer Stadthalle in den Schmusehimmel gesungen und rockte hinterher, noch völlig aufgeputscht, die Hotelbar. Ein vollkommen überraschender, aber geiler Abend. Will sagen: Stoff kommt immer neuer dazu, aber ob es eine Fortsetzung gibt, werden wir sehen. Jetzt erstmal kucken, was das Erstlingswerk kann. (lacht)
Du bist in Hessen geboren und in Nürtingen (Baden-Württemberg) aufgewachsen – wie hast du es geschafft, deinen Dialekt beim Kommentieren abzustellen?
Da hatte ich großes Glück. Ich bin hochdeutsch erzogen worden. Insofern kann ich zwar die Dialekte, aber ich musste mir nichts abtrainieren.
Welches Spiel würdest du gerne einmal moderieren?
Schwer zu sagen. Mit Deutschland mal ein großes Finale zu machen, hat sicherlich seinen Reiz. Aber das sind Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Das sind senderpolitische Dinge. Wobei ich ehrlich gesagt mit der Auswahl bei SKY sehr zufrieden bin. Und vom fußballerischen Gehalt ist die Champions-League sicher höher einzuschätzen als eine WM oder EM.
Wir berichten vornehmlich über die unteren Klassen des Kreises Trier/Saarburg – könntest du dir vorstellen, mal ein Spiel der Kreisliga C zu moderieren? Und worauf müsstest du besonders achten?
Ich habe mit Regionalliga-Fußball im Radio angefangen. Und sehe es immer wieder gerne, wenn kleine Clubs im DFB-Pokal antreten. Am Ende ist es doch immer Elf gegen Elf. Egal in welcher Klasse.
Was wäre ein Live-Spiel ohne Kommentator?
Fad, oder? Man hätte nix zum Reiben und mal weniger zum Ärgern, aber auch zum Feixen.
In einem Interview mit dem Focus sagst du, dass dir dein Redakteur Michael Morhardt ab und zu nonverbal während des Spiels ein Fragezeichen über dem Kopf anzeigt. Wie sieht das aus?
Zeichensprache. Bei strittigen Situationen: Daumen hoch, Daumen runter, solche Sachen.
Könntest du dir vorstellen, mal als Synchronsprecher zu arbeiten oder beispielsweise andere Bücher als Hörbuch aufzunehmen?
Das hab‘ ich schon mal gemacht. Großer Spaß. Mein eigenes Hörbuch habe ich gerade eingesprochen. Hörbücher von anderen, das ist insofern schwierig, als dass meine Stimme schon sehr mit Fußball besetzt ist. Ich weiß nicht, ob das so cool ist, so einem Krimi Champions-League-Charakter zu geben. Aber wer weiß. Warum nicht?!
Du sprichst seit vielen Jahren zusammen mit Hansi Küpper für Konami die Kommentare zu Pro Evolution Soccer ein. Worin besteht die Schwierigkeit bei diesen Aufnahmen?
Es gibt keine Schwierigkeiten. Wir freuen uns, uns zu sehen. Haben eine gute Zeit. Und ballern ein bisschen was raus. Ich glaube eher, dass die Jungs in der Regie, die den ganzen ganzen Tag nichts anderes hören als die verschiedensten Varianten von Einwürfen, Eckbällen, Freistößen etc. am Abend auf die Couch müssen. Wir sind im schlimmsten Fall heiser.
Dein Kollege Frank Buschmann geht neue Wege und vermarktet seine Sprüche auch mal auf Shirts. Welchen deiner Sprüche würdest du gerne auf einem Shirt sehen?
Macht der das echt? Keine Ahnung. Denke eher nicht, dass ich da was sehen möchte: Ich wundere mich ohnehin hinterher häufig, wenn Leute auf mich zukommen und zitieren, was ich da manchmal für ein Zeug erzähle.
Laut Tagesspiegel.de bist du „der Pep Guardiola unter den Fußball-Kommentatoren“ – Was sagst du dazu?
Die Frage ist, worauf sie es beziehen. Auf Meister, Triple, Quintupel, Perfektion, so was in der Art … dann abonniere ich das Ding sofort. Bezogen auf öffentlichkeitsscheu, eingeschränkte Deutschkenntnisse oder so, weiß ich nicht, ob das wirklich ein Kompliment ist. Aber erstmal finde ich, klingt das doch gut.
Wie wird sich Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Brasilien schlagen?
Sie werden nicht sich, sondern alle schlagen. Hoffe ich. Glaube ich. Wünsche ich.
Interview: Stefan Himmer