Man kennt das. Nach dem Spiel werden Fußball-Profis direkt mit Mikrofonen gefüttert und rülpsen anschließend meistens irgendwas in die Aufnahmegeräte. 333 Stilblüten aus der Fußballwelt hat Autor Marco Fuchs nun in einem Buch zusammengefasst. Wir haben mit ihm gesprochen.
Fangen wir mit einer leichten Frage an: Welches ist dein Lieblingszitat?
Marco Fuchs: „Fußball ist das Wichtigste aller unwichtigen Dinge im Leben.“ Das hat mal Arrigo Sacchi gesagt. Und es fasst eigentlich alles das zusammen, was den Fußball ausmacht.
Es gibt so viele Fußballbücher, auch über Zitate. Wie unterscheidet sich dein Buch von den anderen?
Marco Fuchs: Der Ansatz war natürlich, die Perlen der vergangenen Jahre mit aufzunehmen, aber die Sachen wegzulassen, die man schon tausendmal gelesen hat. Stattdessen wollte ich aktuelle Sachen finden, die man noch nicht kennt und die trotzdem gut unterhalten.
Wie hast du gefiltert?
Marco Fuchs: Ich hab mir viele, viele Saison- und Jahresrückblicke auf Video angesehen, Biografien zu Rate gezogen und mich durch viele nationale und internationale Zeitungsarchive gearbeitet, bis ich am Ende etwa 1.000 Zitate zusammen hatte. Die habe ich dann nach und nach auf 333 herunter gekürzt.
Also gibt es noch Potenzial für die nächste Auflage?
Marco Fuchs: Da lauert noch eine Menge, ja. Aber es war eine Heidenarbeit mit viel Ehrgeiz, der sich im Laufe des Entstehungsprozesses entwickelt. Zum Beispiel, wenn ich sehr schöne Zitate kannte, aber die Quelle dafür nicht mehr gefunden habe. Oder wenn man merkt, dass das Zitat, das zum Allgemeingut gehört, so eigentlich nie gefallen ist. Wie etwa das berühmte Zitat: „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel“, angeblich von Lukas Podolski, was aber aus einer Podolski-Parodie von Jan Böhmermann stammt.
Wie hast du gefiltert, welche Zitate es schon länger gibt und welche noch keiner gelesen hat?
Marco Fuchs: Ich habe eigentlich überhaupt keine anderen Zitate-Bücher benutzt. Ich habe mich wirklich ausschließlich darauf verlassen, was ich finde, und was vor meinem Humorverständnis bestand hat. Die Idee war schon, dass ein Zitat möglichst selbsterklärend sein soll. Der Witz wird nicht besser, wenn man noch eine Gebrauchsanleitung drunter schreibt. Dann habe ich es meinem Lektor, der auch ein begeisterter Fußballfan ist, vorgelegt. Mit ihm habe ich auch diskutiert, ob man das schon kennt, ob das als Klassiker dient oder ob man es weglassen kann. Am Ende habe ich es mit nichts anderem verglichen, sondern gesagt: Ok, von den 333 habe ich vor der Recherche 280 noch nicht gehört.
Wie hast du gearbeitet? Mit zehn offenen Browserfenstern, hundert Papieren oder wie dürfen wir uns das vorstellen?
Marco Fuchs: Ich habe in einem Dokument gearbeitet und erstmal nur eingetragen, eingetragen und eingetragen. Das habe ich dann irgendwann ausgedruckt und so waren es dann viele Stapel, über die ich in meinem Arbeitszimmer gestiegen bin. Die Arbeitsweise war chaotisch, hat aber wahnsinnig viel Spaß gemacht. (lacht)
Im Buch gibt es „Die ersten Elf“ von Beckenbauer, Mourinho und Ferguson – warum ausgerechnet diese drei?
Marco Fuchs: Ich bin persönlich ein großer Fan von der Mischung aus sprachlichem Witz und einer gesunden Portion Größenwahn. Der ist bei diesen drei wirklich gegeben! Johan Cruyff hätte man auch noch dazu nehmen können, der kommt dann vielleicht im zweiten Band. Von ihm gibt es auch sehr viele wunderbare Bonmots.
Ist eine zweite Auflage geplant?
Marco Fuchs: Wir schauen jetzt erstmal, wie das läuft. Es wäre auch noch eine Überlegung, ein Buch nur mit Zitaten der Spieler eines Vereins zu machen. Ich habe mir durchaus Mühe gegeben, einige Klassiker von Eintracht Trier mit reinzukriegen. Aber leider war Zitate-Lage nicht so, dass sie im Hochdeutschen funktioniert hätte.
Zum Beispiel?
Marco Fuchs: Das hätte beispielsweise nur mit einer riesigen Erklärung funktioniert. Reporter Jörg Dahlmann hat Rudi Thömmes mal nach einem Pokalspielsieg gefragt, wo die Mannschaft denn jetzt noch hingehe. Daraufhin hat Thömmes nach hinten gezeigt, in Richtung Zurmainer Straße, und sagte: „Ins Zagreb!“. (lacht) Das wäre so ein Beispiel.
Wie entstehen Fußballsprüche oder Zitate? Liegt das an den Emotionen direkt nach dem Spiel oder wie kommen diese Zitate zustande?
Marco Fuchs: Die Emotion hilft natürlich dabei. Wenn man beispielsweise nach dem Spiel komplett mit Adrenalin vollgepumpt ist und komplexe Fragen beantworten soll. Es sind Leute, die fürs Fußballspielen bezahlt werden und nicht dafür, tolle Sätze rauszuhauen. Schön sind natürlich auch diejenigen, die schneller reden als sie denken. Aber es gibt viele, die eine gewisse philosophische Tiefe haben. Wie etwa Johan Cruyff, der mal gesagt hat: „Bevor ich einen Fehler mache, mache ich ihn lieber nicht.“ Prinzipiell ist es der Spruch, der funktioniert und nicht der Spieler.
Glaubst du manch einer macht es absichtlich und streut verwirrende Zitate?
Marco Fuchs: Ich glaube Alexander Ristic oder Uwe Klimaschefski, den Trainern der älteren Generation, war ein gewisser Wortwitz angeboren. Die haben sicherlich auch gewusst, dass man über einen guten Spruch die nächsten zwei Wochen redet. Und in den zwei Wochen muss ich mir nicht anhören, wie schlecht ich die Mannschaft eingestellt habe. Ich merke ja ständig bei meiner Arbeit als Journalist, dass es nichts unbefriedigerendes gibt als aktuelle Interviews mit Profifußballern. Die schaffen es in vielen Sätzen nichts zu sagen, weil sie genau wissen, dass sie nach einem falschen Zungenschlag bei sämtlichen sozialen Medien tagelang durchs Dorf getrieben werden. Da kann ich jeden verstehen, der versucht, nichts zu sagen. Wenn man etwas schönes hören will, sollte man sich auf Ex-Trainer wie beispielsweise Hans Meyer stürzen, der – das muss man auch sagen – ja auch nichts mehr zu verlieren hat. Aber nichtsdestotrotz kommt jedes Jahr oder jeden Spieltag immer noch etwas dazu. Jetzt höre ich beispielsweise Thorsten Legat wie er mit einer Pressekonferenz ein ganzes Buch fast alleine vollgeschrieben hat.